Kommentare Kerlikowskys Kommentar über... Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck beschimpft die bösen Wessis

kerlikowsky1Guten Tag! Das 20. Jahr nach der Wiedervereinigung ist für Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Anlaß, die DDR zu feiern und die Westdeutschen zu beschimpfen. Er beklagt, in Assoziation zum Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich, den „Anschluß“ der DDR an die Bundesrepublik und die „gnadenlose Desindustrialisierung Ostdeutschlands“. In einem Spiegel-Interview kritisierte er, daß die „Anschlußhaltung“ verantwortlich für viele gesellschaftliche Verwerfungen nach 1990 im Osten sei. Den Ostdeutschen sei das Gefühl vermittelt worden, „sie müssen alles wegwerfen, es war alles Stasi und alles ideologieverseucht“.

Die DDR hatte ich regelmäßig seit 1984 bereist. Bis zur Wende habe ich keine Leipziger Messe ausgelassen, war dort bei Regierungsempfängen zugelassen, habe in Kombinaten Fabrikationshallen besichtigt, war in Kontakt mit Außenhandelsbetrieben, der Akademie der Wissenschaften sowie der für Transfers von DDR-Know-how zuständigen Technischen Universität Dresden und habe die erste Reise von Unternehmern aus der Bundesrepublik in die DDR organisiert. Ich erlaube mir deshalb ein Urteil über die DDR und Platzeck-Äußerungen.

- Zum Anschluß an die Bundesrepublik: nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik konnte es nur einen Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes geben, keinen Anschluß.

- Zur Desindustrialisierung: es gab fast keine wettbewerbsfähige Industrie. Obwohl die DDR indirekt wirtschaftlich Mitglied der EU war - sie konnte zollfrei über die Bundesrepublik in EU-Länder liefern -, gab es nur für sieben Milliarden DM Warenexporte in den Westen. Das waren ca. zwei Drittel des Volumens des Exports außerhalb der Comecon-Länder. 1989 wurden insgesamt Ausfuhren von 41 Milliarden, für die Bundesrepublik 641 Milliarden DM ausgewiesen.

Die DDR hatte wenig zu verkaufen. Das illustriert eine Verhandlung der Paulaner-Brauerei, an der ich teilnahm. Es gab im Leipziger Zentrum das Restaurant „Paulaner“. Das Haus gehörte der Brauerei in München. Es war in keinem guten Zustand. Deshalb gab es den Vorschlag aus München, wir liefern während der Leipziger Messe kostenlos Bier nach Leipzig. Der Verkaufserlös soll dem Erhalt des Hauses dienen. Da Bierlieferungen nicht für eine Restaurierung reichen konnten und die Lastwagen nicht leer nach München zurückfahren sollten, gab es das Angebot von Paulaner, Euro-Paletten, Flaschen, Kronkorken und Gerste zu kaufen. Das Geschäft kam nicht zustande; denn die DDR konnte nichts liefern.

Die Bundesrepublik hat nach der Wiedervereinigung mehr als 1,7 Billionen Euro – soviel wie die sichtbare Staatsverschuldung ist – in die neuen Bundesländer transferiert. Allein für das Chemiedreieck Leuna, eine Rostlaube zur Wendezeit, wurden 10 Milliarden Euro überwiesen.

- Zum Stasi und zur Ideologie: wo die Gelder und sonstige Vermögen der SED und anderer kommunistischer Organisationen geblieben sind, ist weiter ein Rätsel. In den Wirren der Auflösungen von Betrieben nach der Wende haben sich viele Genossen viele Vermögenswerte, von Büroeinrichtungen bis zu Immobilien, angeeignet; die Immobilien häufig auf Kosten der Alteigentümer.

Die Kameradschaft von Stasi-Leuten und Genossen der SED und der anderen Blockparteien funktionieren noch heute. Platzeck findet es in Ordnung, mit der Partei Die Linke zu koalieren, die wie seine eigene Partei SPD eine Vielzahl von früheren IMs als Mitglieder hat. Einige sind Abgeordnete im Parlament des Bundeslandes Brandenburg.

Ihr

Dr. Horst Kerlikowsky
Berlin, den 18. September 2010

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