Branche Urteil: Gesundheitsportal des BMG verstößt gegen die Pressefreiheit

Hehre Ziele wurden verfolgte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) im September 2020 mit dem Launch des „ersten unabhängigen Gesundheitsportals“. Mit dem Nationalen Gesundheitsportal wollte das BMG eine Lücke auf dem bis dato vorrangig kommerziell geprägten Markt der digitalen Gesundheitsinformationen im deutschsprachigen Internet schließen und den Nutzerinnen und Nutzern Orientierung im Dschungel der Informationen zu Gesundheitsthemen bieten. Jetzt untersagte das Landgericht Bonn die Weiterführung.

Das Portal wollte Orientierung zu Gesundheitsthemen bieten, ohne kommerzielle Ziele zu verfolgen. Jetzt wurde die Fortführung gerichtlich untersagt.(Quelle: Screenshot 2020 "gesund.bund.de")

Das Gericht stellte am 27. Juni einen Verstoß des Nationalen Gesundheitsportals (gesund.bund.de) gegen das Gebot der Staatsferne der Presse fest. Gegen den Fortbestand der aufwändig gemachten Website hatte der Wort&Bild Verlag bereits im Februar 2021 geklagt. Mit dem Betrieb des Gesundheitsportals überschreitet das BMG aus Sicht des Gerichts den Umfang zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit.

Seit September 2020 betreibt das BMG mit einer eigens eingerichteten Redaktion das Portal, das zahlreiche pressemäßig aufbereitete Artikel in den Rubriken "Krankheiten" und "gesund leben" sowie "Pflege" und "Gesundheit Digital" enthält. Nach Auffassung des Gerichts tritt das Nationale Gesundheitsportal damit in unzulässiger Weise in direkte Konkurrenz zu vergleichbaren Angeboten der Presse wie „apotheken-umschau.de“ des Wort & Bild Verlags.

Unterstützung erhielt der Wort & Bild Verlag dabei vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) – an dessen Stelle im April 2022 der MVFP getreten ist - sowie dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Sie hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bereits im Januar 2021 auf die Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Nationalen Gesundheitsportal im SGB V hingewiesen, die dennoch unverändert eingeführt wurden.

Andreas Arntzen, Vorsitzender der Geschäftsführung des Wort&Bild Verlags, begrüßte das Urteil: "Die Entscheidung des Landgerichts Bonn ist ein großer Erfolg für das gesamte Verlagswesen und die Pressefreiheit. Die freie Presse darf als Grundpfeiler für die freie Meinungsbildung nicht von staatlichen Konkurrenzangeboten beeinträchtigt werden. Staatliche Presseangebote wie gesund.bund.de bergen die Gefahr einer Vermischung von objektiv-neutralen Inhalten mit politisch motivierter Berichterstattung und stören so den Meinungsbildungsprozess."

Laut Konzept des BMG sollte das Portal Bürgern und Bürgerinnen ermöglichen, einfach und ohne große Hürden Zugang zu Gesundheitsthemen zu erhalten und als erste Anlaufstelle für Gesundheitsinformationen zu dienen. Die medizinischen Inhalte sollten evidenzbasiert sein und wissenschaftlich belegte Informationen, die keine kommerziellen Ziele verfolgen, vermitteln. Das Portal sei für alle Bevölkerungsgruppen zugänglich und diskriminierungs- und barrierefrei gestaltet, hieß zum Start 2020. Durch die auch für Laien verständliche Aufbereitung sollte das Portal ein Hilfsmittel für Ärzte und Fachpersonal bei der Vernetzung und Kommunikation zwischen Arzt und Patient darstellen.

Dieser Lesart konnte sich das Gericht offensichtlich nicht anschließen. Bleibt abzuwarten, wie es weitergeht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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