Autoren-Beiträge Unternehmenskultur als Dreh-und Angelpunkt für erfolgreiche Nutzung von Social Media

jacquelinealthallerEin Autorenbeitrag von Jacqueline Althaller, Communication Presse und PR, München
Soziale Medien prägen zunehmend das Image von Unternehmen. Hier tauschen sich sowohl Mitarbeiter als auch Außenstehende aus. Communities und Foren machen Meinung ohne Filter einer Pressestelle, und zwar  für jeden einsehbar. Entsprechend liegt das „Imagebuilding“ nicht länger allein in den Händen von Management und Unternehmenskommunikation. Ruf und Wahrnehmung eines Unternehmens werden im Web 2.0 von sämtlichen Stakeholdern, also Mitarbeitern, Kunden, Partnern, Medien und Interessierten, kontinuierlich diskutiert und vor allem neu gestaltet. Dass sich damit die Kommunikationsanforderungen an Unternehmen gravierend geändert haben, liegt auf der Hand. War das Internet in Zeiten des Web 1.0 durch „Einbahnstraßen-Kommunikation“ geprägt, in der es keinen direkten Austausch zwischen Unternehmen und Kunden gab, haben die sozialen Medien das Internet zum „Mitmach-Web“ gewandelt. Es ist zum Ort des Dialogs geworden, der sich durch hohe Dynamik und verschobene Kontrollmechanismen auszeichnet. Diese Veränderung geht einher mit einer Neuverteilung von Einfluss und Kontrolle sowie einem Wandel weg von hierarchischen hin zu kollaborativen Arbeitsmodellen. In der Arbeitswelt ist dieser kulturelle Wandel bereits an den Start gegangen und bahnt sich seinen Weg durch alle Ebenen, auch in der Unternehmenskultur.

Kultureller Wandel: Chancen und Herausforderungen

Der Trend hin zu kollaborativen Arbeitsmodellen stellt Unternehmen vor eine tief greifende Veränderung, durch die der Glaubensgrundsatz „Wissen ist Macht“ eine ganz neue Bedeutung erhält: nicht das Wissen des Einzelnen, sondern die Intelligenz von Vielen führt zu wertvollen Ergebnissen und Erkenntnissen, von denen alle profitieren. Gute Beispiele sind die mittlerweile hohe Qualität von Wikipedia-Artikeln oder die Effizienz von Crowdsourcing. Diese Entwicklung wird von den meisten Unternehmen nicht uneingeschränkt begrüßt. Schließlich steht die Hoheitsmacht über das ab, was in der Öffentlichkeit über sie gesagt und geschrieben wird, auf dem Spiel. Unternehmen sind nicht länger Kontrolleur der Informationen, sondern sind zunehmend als Moderator gefordert, aktiv in den Dialog mit ihren Stakeholdern zu treten. Damit stehen sie vor einer Fülle von Fragen. Diese reichen von der Überlegung, auf welchen Kanälen sich das Unternehmen positionieren kann bis hin zur Frage, wer für das Unternehmen nach innen und nach außen spricht. Entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg von Social Media-Strategien ist dabei die Frage, wie social media-tauglich die eigene Unternehmenskultur ist.
 
Warum die Unternehmenskultur der entscheidende Erfolgsfaktor für den gelungenen Umgang mit Social Media ist

Die Unternehmenskultur als innerer Kompass, der allen Beteiligten nachvollziehbar Orientierung gibt, ist der entscheidende Faktor für den Erfolg von Social Media-Aktivitäten eines jeden Unternehmens. Social media-taugliche Unternehmenskultur zeichnet sich durch einen unvoreingenommenen und fairen Umgang mit Mitarbeitern, Kunden, Partnern und der Öffentlichkeit aus. Dazu gehört auch, kritische Diskussion frühzeitig wahrzunehmen und sich in das öffentliche Gespräch einzubringen.

Diese Lektion musste auch ein globaler Konzern wie Dell erst lernen, als er durch die so genannte „Dell Hell“ ging: der bekannte amerikanische Journalist Jeff Jarvis hatte sich einen Laptop des Herstellers gekauft, den er kurze Zeit später wegen ständiger Probleme einschicken musste. Der Kundenservice war so miserabel, dass der Journalist seinem Ärger in seinem Blog Luft machte. Dies brachte den Stein ins Rollen: viele andere unzufriedene Kunden meldeten sich und schimpften auf das Unternehmen. Die Reaktion von Dell war zunächst: aussitzen und abwarten. Schließlich verschlechterten sich sowohl die wirtschaftlichen Zahlen als auch die Kundenzufriedenheit so massiv, dass Dell dann doch und diesmal mit viel Engagement reagierte. So wurden das Kundencenter generalüberholt und eigene Blogs eingerichtet, in denen schneller und präziser Hilfe angeboten wird. Daraus entstand auch die Idee für die Website „IdeaStorm“, auf der Kunden offen und direkt ihr Feedback zu Produkten geben können und damit aktiv in die Produktentwicklung eingebunden sind. Die Geschichte der „Dell Hell“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein Unternehmen seine Kultur nach einer zunächst heftigen Kommunikationskrise an die Gegebenheiten von Social Media anpasste und seitdem erfolgreich in den sozialen Medien agiert.

Die Gründer des jungen Verlags Voland & Quist aus Dresden, Sebastian Wolter und Leif Greinus, machen aus Social Media sogar Teil ihres Geschäftsmodells: ihre Social Media-Aktivitäten entspringen nach eigener Aussage keiner Verkaufsstrategie, sondern ihrer Unternehmenskultur. Denn das Verlagshaus hat den Anspruch, mit seinen Lesern auf Augenhöhe zu kommunizieren und den Kunden einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Dabei haben sie alle Vorteile von sozialen Plattformen und Netzwerken vor Augen: Aufmerksamkeit erregen, Bekanntheitsgrad steigern, bestehende Kunden binden und neue hinzugewinnen sowie stets das Ohr am Markt zu haben. Um diese Ziele zu erreichen, nutzen Wolter und Greinus unterschiedliche Kanäle: von facebook und Twitter über YouTube bis hin zu Soundcloud, einer Online-Plattform für den Austausch von Audiodateien. Dabei beherzigen die Verlagsgründer die wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiches Agieren in den sozialen Medien, die sich in ihrer social media-freundlichen Unternehmenskultur widerspiegeln: offen, aktiv und dialogorientiert auftreten, sich auf Augenhöhe begegnen, authentisch bleiben und neugierig auf die Meinung anderer sein.

Sicherlich tun sich gerade junge und mittelständische Unternehmen wie Volant & Quist mit Social Media einfacher als  internationale Großkonzerne. Doch das Beispiel von Dell zeigt, dass der Einsatz von Social Media auch für global agierende Unternehmen möglich und erfolgreich sein kann. Dies gilt übrigens für B2C und B2B gleichermaßen, wie auch PR-Professor Thomas Pleil der Hochschule Darmstadt erst kürzlich in einem Interview bestätigte. Der Unterschied liege in Anspruch und Reichweite: für B2B-Unternehmen ist es wichtiger, in kleinen Fachforen gezielt mit ihren Zielgruppen zu kommunizieren als sich darum zu bemühen, möglichst viele Fans auf facebook zu generieren.

Letzten Endes kommt auf lange Sicht kein Unternehmen an Social Media vorbei. Im Web 2.0 wird über Unternehmen gesprochen, egal, ob sie sich am Gespräch beteiligen oder nicht. Darum ist jetzt die Zeit, um die Weichen zu stellen und die eigene Unternehmenskultur auf ihre Social Media-Fitness zu prüfen.

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