Autoren-Beiträge "Was geschrieben wird, wird geglaubt" - Die Medien und ihr Beuteschema

Fot: Hajo NeuAbstract aus "Public Relations: Die besten Tricks der Medienprofis“ von Hajo Neu / Jochen Breitwieser; Businessvillage-Verlag, September 2005

1. "Was geschrieben wird, wird geglaubt“ – Die Medien und ihr Beuteschema

Das altmodische Ideal, das viele PR-Laien von unserer Medienwelt haben, sieht so aus: Magazine wie der "Spiegel“ enthüllen, Nachrichtensendungen wie die "Tagesschau“ informieren, und in der "Bild“ steht der ganze Rest, der Boulevard-Müll und die schrägen Sachen, an die sich alle anderen nicht trauen. In dieser idealisierten Medienwelt sind es die Fakten und guten Argumente, die harten Storys und natürlich auch die handfesten Skandale, die es in die Nachrichten schaffen und auf die Titelseiten der großen Blätter. Stimmt natürlich nicht, wie jeder PR-Profi weiß: Im Medien-Dschungel setzt sich nur allzu häufig das durch, was am besten ins Beuteschema der Journalisten passt. Was passt? Viele Journalisten werden es nicht gerne hören, aber eine der wichtigsten Grundregeln lautet: Alles, was irgendwer auch schon mal vorher geschrieben hat.

Im Idealfall stand die Story in einem kleinen, meinungsbildenden Magazin. Beispiel für ein solches Magazin war lange Zeit etwa das amerikanische High Tech- und Computer-Magazin "Wired“, das wie kein anderes die digitale Revolution der 90er Jahre begleitete und mitgestaltete. Wired erkannte Trends meist viel früher als jedes andere Medium – mit der Folge, dass sich Journalisten auf der ganzen Welt, die über das „Phänomen Internet“ und die so genannte New Economy schrieben, bei Wired bedienten und die darin enthaltenen Geschichten je nach eigenem Ansatz weiter aufbohrten und ausschlachteten. Hightech-Unternehmen, die in Wired mit ihren (echten oder vermeintlichen) Innovationen porträtiert wurden, hatten gut Lachen: Sie wurden in Windeseile und im günstigsten Falle global bekannt, ohne dafür viel mehr als einen Initiativschub leisten zu müssen.

Was ebenfalls ins Beuteschema der Medien passt, sind Zahlen. Handfeste Zahlen überzeugen auch die ganz hart gesotten Journalisten von der FAZ und dem Handelsblatt. Zahlen sind so etwas wie die Crux, an der sich nicht selten der Erfolg oder Misserfolg von Public Relations entscheidet – der Scheideweg, an dem der Journalist entweder beschließt "Beeindruckend – insbesondere die Zahlen – das nehm´ ich!“ oder aber die Pressemitteilung im Mülleimer entsorgt. Was dagegen kaum ein Medienmensch weiß und die Sache nicht unbedingt leichter macht: Meist sind inhaltsreiche Zahlen für PR-Leute irrsinnig schwer zu beschaffen. Denn: Nichts fürchten Produkt-Manager, Vertriebsleute und CEOs mehr als die Schlagzeile "Umsatz dramatisch gesunken“ oder "Unternehmen XYZ verliert Marktanteile“. Getreu dem Motto "Was niemand kennt, kann auch niemand falsch interpretieren“ gehen die meisten von ihnen folglich sehr sparsam mit Zahlen um. Die praktische Konsequenz dieses Mangels kennen leidgeprüfte PR-Berater und Journalisten nur zu gut: Pressetexte, die von "Unternehmensentwicklungen“ und "Geschäftsergebnissen“ handeln, aber nicht eine einzige Zahl enthalten und stattdessen alles, was zu konkret werden könnte, vornehm umschreiben. Meist entstehen dann Sätze wie "... konnten wir unsere Marktanteile erheblich ausweiten ...“ oder "... gelang es dem Unternehmen im schwierigem Marktumfeld, seine Position entscheidend zu verbessern.“ Für PR-Berater gilt jedenfalls: Behandeln Sie wirkungsvolle Zahlen stets wie das, was sie sind, nämlich die denkbar knappste Ressource im gesamten PR-Universum!

Eine Serie in acht Teilen von Hajo Neu und Jochen Breitwieser.
Kontakt: neu:kom Kommunikationsberatung in Heidelberg,  Technologiepark, Hans-Bunte-Str. 8-10, 69123 Heidelberg, E-Mail:
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