Kommentare Kerlikowskys Kommentar über... Deutschland, das andere Euro-Länder rettet und selbst pleite ist

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Guten Tag! Nicht nur Griechenland ist pleite. Die Bundesrepublik ist es auch. Signalisiert bereits die gegenwärtige Überschreitung des Maastricht-Kriteriums, das die Neuverschuldung nicht gemäß den Verträgen unter 60 Prozent liegt, sondern bei 83 Prozent, so dürfte die Verschuldung durch die Ausgaben und Risiken zur Rettung anderer Staaten der Eurozone in noch höhere Regionen steigen. Dabei beträgt bereits die "offizielle" Staatsverschuldung 2,1 Billionen Euro, die tatsächliche 8 Billionen Euro. Es sei hier noch einmal wiederholt: die Bundesregierung hat in ihrem Etat 2011 Einnahmen von 280 Milliarden Euro eingeplant, von denen 40 Milliarden Euro allein für Zinszahlungen verwendet werden müssen. Um überhaupt die Ausgaben finanzieren zu können, wurden noch zusätzlich 40 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen.

Dazu kommen noch die Zahlungen bzw. Zahlungsverpflichtungen und Risiken für die Rettung des Euros bzw. von Banken und maroden Staaten. Bisher sind laut Ifo Institut an die "GIPS-Staaten" Griechenland, Irland, Portugal und Spanien Kredite von 802 Milliarden Euro vergeben worden. Nach den Beschlüssen der Euro-Länder könnte die gesamte Kreditvergabe einschließlich der Bürgschaften auf 1,670 Billionen Euro steigen; Deutschland hätte bei einer Pleite der GIPS-Staaten 465 Milliarden zu zahlen. Nun weisen die Wirtschaftsforschungsinstitute auf die wahrscheinlich notwendige Rekapitalisierung der Banken hin, falls ein Krisenland zahlungsunfähig wird. Wie soll das finanziert werden?

Um die Misere wenigstens an manchen Stellen zu übertünchen, bleiben dem Staat zwei Möglichkeiten: die Inflation anzuheizen und verdeckte zusätzliche Einnahmequellen zu schaffen. Mit dem Anheizen der Inflation, die naturgemäß mehr Steuereinnahmen bringen würde, ist es bei der schlechten konjunkturellen Entwicklung naturgemäß schwierig. Aber es gibt ja noch andere Wege, die Lücken im Staatshaushalt zu erhöhen. Es ist doch geradezu eine elegante Lösung, wenn die Deutsche Bahn, die Eigentum des Staates ist, einerseits jährlich 500 Millionen Euro an den Staat zahlen muß, gleichzeitig die Kunden mit der Begründung abkassiert, sie müsse die Fahrpreise erhöhen, weil die Energiepreise so gestiegen sind. Die Begründung stimmt zum großen Teil; doch die Energiepreise sind auf Grund der Energiepolitik der Bundesregierung gestiegen. Der schöne Effekt für den Fiskus: bei höheren Fahrkartenpreisen sind die Mehrwertsteuereinnahmen von 19 Prozent höher. Der Bürger muß es hinnehmen und zahlen. Ähnliche Mechanismen nutzt der Staat bei Flugreisen. Und bei der Maut für PKWs wird der Fiskus ebenfalls absahnen Er wird sich noch viele zusätzliche Einnahmen einfallen lassen; doch das reicht alles nicht, den Schuldenberg abzubauen. Der wird - trotz der Schuldenbremse - immer höher werden.

Ihr
Dr. Horst Kerlikowsky
Berlin, den 14. Oktober 2011

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In dieser Woche außerdem in "Etage Media Selection":

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Türkei: In Hinblick auf die Aufnahme des Landes in die EU ist ein "Rückschrittsbericht" erstellt worden.

ETAGE Forum in der Rubrik Bücher: Hannes Schneider: Die große Sünde – wie Gier und Versagen uns enteignen.

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