Kommentare Kerlikowskys Kommentar über... verschleiernde Bundestags-Transparenz

kerlikowsky1Guten Tag! Wenn ein prominenter Abgeordneter gebeten wird, einen Vortrag bei einer Veranstaltung eines Unternehmens oder Verbandes zu halten, wird irgendwann über Geld geredet. Meist lehnt der Abgeordnete ein Honorar ab. Aber weil der Auftraggeber das Honorar bereits eingeplant habe, könne er das Geld an eine Stiftung überweisen. Wer hinter der Stiftung steht, das bleibt offen.

Das ist eine öfter gewählte Möglichkeit von Abgeordneten, diskret zu einer Nebeneinnahme zu kommen. So kann nur gelacht werden, wenn Bundestagsabgeordnete sich beklagen, daß das Bundesverfassungsgericht die Klage einiger von ihnen gegen die Veröffentlichung von Nebeneinkünften abgeschmettert hat. „Wenn das, was die Karlsruher Kläger nun veröffentlich haben, wirklich alles ist, versteht man überhaupt nicht, warum die überhaupt geklagt haben“, sagt der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim.

Ähnlich denkt man bei der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International. Sie fordert die detaillierte Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten. Diese müssen nach dem Urteil nur angeben, was sie monatlich hinzu verdienen. Keiner kann sehen, wer wieviel wofür von wem erhält – oder in eine Stiftung fließt.

Da fast ein Viertel der Abgeordneten Juristen sind, werden sie weiter Wege finden, ihre Nebengeschäfte zu verschleiern. Zwei der Kläger beim Bundesverfassungsgericht, Friedrich Merz und Siegfried Kauder, verweigern die Offenlegung ihrer Einkünfte als Anwälte mit dem Hinweis, daß es sich bei ihrer Kanzlei um Firmen handle, an denen sie mit weniger als 25 % beteiligt seien, also nichts angeben müssen. Warum sind sie eigentlich so ängstlich? Es bleibt ja auch ohne Folgen, daß Walter Riester als Bundestagsabgeordneter seit 2005 mindestens 180.000 Euro mit Vorträgen bei Banken und Versicherungen kassiert hat oder Karl Lauterbach an der Gesundheitsreform mitarbeitete und gegen Geld Krankenkassen beriet.

Meinetwegen können Abgeordnete bei Nebentätigkeiten kräftig verdienen; doch nur, wenn das nichts direkt mit ihrer Abgeordnetenarbeit zu tun hat – und das Geld mit ihren Einnahmen als Abgeordneter verrechnet wird. Daß auch Abgeordnete Moral zeigen, das wünscht uns allen Ihr

Dr. Horst Kerlikowsky
Berlin, den 14. Juli 2007

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