Kommentare “Pressefreiheit“ behindert Ermittlungen im Fall "Michelle"

Trotz Nachrichtensperre seitens der Ermittlungsbehörden im Fall “Michelle“ sind von der Boulevardpresse, allen voran “Bild“, detailreiche Berichte über die Todesumstände von Michelle aus Leipzig veröffentlicht worden.

Aus dem Kreis der Ermittler seien Informationen nach außen gegeben worden, die die Ermittlungen gefährdeten und Ermittlungshandlungen erschwerten oder unmöglich machten, sagte Sprecher Ricardo Schulz am Mittwoch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa und die Staatsanwaltschaft habe ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats gegen Unbekannt eingeleitet. Das habe nichts mit einer Nachrichtensperre zu tun, sondern sei Ausdruck der auch sonst gebotenen Zurückhaltung über die Informationen zu einem laufenden Ermittlungsverfahren, sagte Schulz weiter.

Leipzigs Polizeipräsident Horst Wawrzynski forderte die Ermittler der 177-köpfigen Sonderkommission zur Wahrung der Nachrichtensperre auf. Der “Bild“-Bericht sei nicht dienlich gewesen und bringe nur Nachteile, sagte der Leipziger Polizeisprecher Uwe Voigt. Die Ermittler seien entsetzt darüber gewesen und es habe ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen. Damit habe man bei der Fahndung nach dem Täter keinen Gefallen getan.

Das Interesse der öffentlichen Neugier kann nicht so groß sein, dass die Befriedigung selbiger die Aufklärung einer Gewalttat sabotiert. Ein wenig Zurückhaltung des journalistischen Eifers ist manchmal geboten, nämlich insbesondere dann, wenn ein wichtiges Rechtsgut von stärkerem Interesse ist, als ein vermeintlicher Enthüllungsjournalismus. Noch vor kurzem berichteten wir über das miese Image von Journalisten, was durch eine solche Berichterstattung nicht gerade verbessert wurde, unabhängig von der juristischen Tatbeständen.

Dass  es auch anders geht und dass guter Journalismus Fahndungserfolge unterstützen kann, hat der Fall „Holzklotz“ in Niedersachsen gezeigt. Es geht nicht darum, den Journalisten zum Erfüllungsgehilfen der Staatsmacht zu machen, gewiss nicht, aber etwas gesunder (journalistischer) Menschenverstand sollte doch ausreichen, um zu verhindern, dass Täter durch die Medien mit Informationen versorgt werden, die deren Ergreifung vereiteln.

Vom Sprecher der "Bild"-Zeitung, Tobias Fröhlich, fehlt bisher eine Stellungnahme dazu.   sdh

Nachtrag: NDR Medienmagazin ZAPP

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