Kommentare Frage an Angela Merkel zur PR-Arbeit

Ein Kommentar (Offener Brief) von Martin Oetting, Berlin am 30. Juni/1. Juli in seinem Blog "MHO".
Sie hatten gestern einen echt beschissenen Tag. Wissen wir alle. Die Sache mit dem freundlichen Herrn Wulff aus Niedersachsen ging ja ordentlich in die Hose. Gut, am Ende ist er gewählt worden. Aber nach was für einer Zitterpartie! Das kann ja echt keinen Spaß gemacht haben. Hat man Ihnen auch angesehen, dass das keinen Spaß gemacht hat. Gut, keiner hat je behauptet, Politik sei ein einfaches Geschäft. Gerade dann nicht, wenn man die Personalie Bundespräsident als Stützungstaktik für die eigene Politik missbraucht und einen Herrn für das Amt castet, der alles Mögliche ist, außer "bundespräsidial". Darum ist es ja ganz normal und demokratisch, dass die Sache ein wenig anstrengend wurde.

Aber eins verstehe ich nicht: Warum stellen Sie sich nach der Veranstaltung hin und erklären der Bevölkerung, der Kandidat sei mit absoluter Mehrheit gewählt worden und das sei ja ein großer Erfolg? Absolute Mehrheit, wenn nur noch zwei Kandidaten antreten? Was für eine Mehrheit soll's denn dann sein, wenn nicht absolut? Erfolg? Wenn lauter Mitglieder der eigenen Reihen zweimal ausgeschert sind und das Ganze zu einer stundenlangen Geduldsprobe gemacht haben?

Ganz im Ernst: warum tun Sie sich und uns solchen Unsinn an? Zumal Sie doch vorher wussten, was heute in allen Zeitungen steht?

Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten den Reportern folgendes geantwortet: "Das war echt ein harter Tag. Meine Güte, Sie können sich doch denken, wie's mir geht, wenn unser Mann erst im dritten Wahlgang gewählt wird, obwohl wir eigentlich eine satte Mehrheit haben. Das fühlt sich schon echt bescheiden an. Bin sauer, dass das so gelaufen ist. Aber zu einem gewissen Grad muss ich mir da auch an die eigene Nase fassen, denn offenbar gibt's eine Reihe Leute, die mit dem ganzen Prozess nicht zufrieden waren und die uns daher die Sache schwer gemacht haben. Das werden wir in den nächsten Wochen diskutieren und besser machen. Aber jetzt haben wir erstmal einen neuen Bundespräsidenten, der die Sache gut machen wird, und ich brauche jetzt erstmal einen ruhigen Abend und'n Bier."

Ich sage Ihnen: da gäb's Respekt. Dann würden die Leute auch mal glauben, dass Sie tatsächlich ein Mensch sind, der auch leidet und Fehler macht. Und nicht eine Politikmaschine, die nur aussieht, als sei sie ein Mensch. Dieser PR-Unfug, eine Niederlage immernoch als Sieg zu verkaufen, ist doch völlig durchschaubar.

Also: warum tun Sie sich und uns das an?

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