Rezensionen Cauers: Mitarbeiterzeitschriften heute. Flaschenpost oder strategisches Medium?

Rezension von Guido Reining (Hamburg)

"Die Interne Kommunikation und ihre Medien wurden in der Vergangenheit oft stiefmütterlich behandelt“ – diese Erkenntnis gewinnt zunehmend an Bedeutung, wird doch die unternehmensin-terne Kommunikation in letzter Zeit verstärkt als Erfolgs- und Wirtschaftsfaktor wahrgenommen. Die Publikation "Mitarbeiterzeitschriften heute. Flaschenpost oder strategisches Medium?“ beinhaltet eine aktuelle empirische Studie zur Thematik gedruckter Mitarbeiterpublikationen. Der Autor stellt zunächst die gegenwärtige Relevanz und thematische Einordnung dieses speziellen Mediums im Rahmen unternehmensinterner Mitarbeiterkommunikation dar. Er schildert detailliert die wissenschaftliche Umsetzung seines Forschungsinteresses und führt basierend auf der Darstellung der für Deutschland repräsentativen Ergebnisse Handlungsansätze zur Optimierung heutiger Mitarbeiterpublikationen aus. Abschließend gibt er einen Ausblick auf die Entwicklung des Mediums und des gesamten Forschungsfeldes.

Einleitend begründet Cauers die Bedeutsamkeit der Mitarbeiterkommunikation in Unternehmen und die aktuellen Anforderungen an hierbei verwendete Informations- und Kom-munikationsmedien. Der gedruckten Mitarbeiterzeitschrift, als ältestes und häufig eingesetztes Medium, gilt sein besonderes Interesse: Sie befindet sich im Spannungsfeld zwischen Unternehmenszielen und Mitarbeiterbedürfnissen. Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit, Orientierung im Gesamtbetrieb, Transparenz der Unternehmensziele sind nur einige der beiderseitigen Ansprüche - jedoch oft in kontradiktorischer Orientierung und Stärke. Als gedrucktes, disponibles Medium kann die Mitarbeiterzeitschrift breite Belegschaftsschichten erreichen. U.a. ist technisches Verständnis nicht erforderlich, auch ist das Lesen von Druckwerken durch den normalen Alltag habitualisiert: Manager, Büroangestellte lesen sie gleichermaßen wie Arbeiter, Auszubildende, Pensionäre etc. Betriebsintern, aber auch extern, kommt ihr also eine hohe Bedeutung zu: Von der Leitungsebene wirkungsvoll instrumentalisiert eingesetzt, bietet sie ein erhebliches Potential als "Führungswerkzeug“.


Als essentiell identifiziert Cauers somit die Fragen nach Effektivität und Effizienz von strategisch eingesetzten Mitarbeiterzeitschriften: "Das Vorhandensein einer Publikation garantiert nicht, dass sie zur Kenntnis genommen, akzeptiert oder genutzt wird. Sie muss inhaltlich klar, formal attraktiv gestaltet werden und auf das Unternehmen zugeschnitten sein“ (S. 20). Basierend auf diesem Ansatz und den bisherigen Erkenntnissen zu Mitarbeiterzeitschriften und anderen unternehmens-internen Medien konstruiert Cauers ausführlich ein nachvollziehbares, forschungsleitendes Interaktionsmodell: Die speziellen Rahmenbedingungen eines Unternehmens (z.B. Branche, Unternehmensstruktur, Mitarbeiteranzahl) sowie die mit der Mitarbeiterzeitschrift verfolgten Ziele der Leitungsebene (z.B. Information, Motivation, Transparenz, angestrebte Zielgruppen) bestimmen die formale, inhaltliche und organisationale Ausgestaltung. Diese hergeleitete Verbindung überprüft der Autor mittels einer quantitativen, schriftlich-postalischen Befragung unter Verantwortlichen für Mitarbeiterpublikationen in diversen Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Der Bedarf an empirischen, wissenschaftlichen Ergebnissen scheint bei Unternehmen groß zu sein - Positiv zu erwähnen ist bei Cauers’ Studie die hohe Ausschöpfungsquote von 72 Prozent. Von 427 angeschriebenen Unternehmen nahmen 306 an der Befragung teil. Dies sind rund 34 Prozent aller deutschen Mitarbeiterpublikationen, Repräsentativschlüsse sind also möglich.


Aufschlussreich sind demzufolge die Ergebnisse: Entsprechend dem Aufbau der theoretischen Erörterung erfolgt zunächst die Darstellung gegliedert in formale, inhaltliche und organisationale Merkmale. Dieser Abschnitt bietet einen umfassenden Überblick über heutige Mitarbeiterpublika-tionen in Deutschland (u.a. bzgl. Format, Erscheinungshäufigkeit, Distributionsart, Auflage, Mehrsprachigkeit, thematisierte Inhalte, organisatorische Anbindung der Redaktion). Anschließend werden die unternehmensindividuellen und funktionalen Einflussfaktoren thematisiert (z.B. Ziele und Zielgruppen heutiger Mitarbeiterzeitschriften). Mittels des statistischen Verfahrens der multiplen linearen Regressionsanalyse werden Merkmale und Einflussfaktoren gemäß dem Interaktionsmodell miteinander verknüpft.


Die Berechnungen zeigen deutlich die ausgemachten Zusammenhänge auf. Offensichtlich wird, dass sich die Unternehmens- bzw. Kommunikationsziele zwar in den in der Mitarbeiterzeitschrift behandelten Inhalten widerspiegeln, jedoch eher in geringem Maße. Desillusionierend ist der durchweg geringe Einfluss der Zielgruppenorientierung, sagt dies Ergebnis doch aus, dass Bedürfnisse der Leserschaften nur wenig Berücksichtigung finden. Vielmehr ist die Ausgestaltung heutiger Mitarbeiterzeitschriften durch Unternehmensgegebenheiten und -konstellationen bestimmt (z.B. Unternehmensgröße, wirtschaftlicher Wirkungskreis). Cauers schließt daraus, dass fehlende strategische Zielsetzungen, eingebettet in ein umfassendes Kommunikationskon-zept, eine effektive Instrumentalisierung vieler Publikationen verhindern. Im Hinblick darauf haben viele Mitarbeiterzeitschriften einen funktionalen und zielgruppenspezifischen Optimierungsbedarf.


Cauers illustriert - in der wohl derzeit aktuellsten und umfassendsten Studie zu dieser Thematik - die zentralen Aufgaben, Funktionen und Potentiale von Mitarbeiterpublikationen und trägt so hoffentlich dazu bei, dass deren Bedeutung und Rolle von Verantwortlichen in Unternehmen stärker wahrgenommen wird. Auch für die alltägliche Arbeit von Kommuni-kationsverantwortlichen, "Betriebsredakteuren“, "Corporate Publishing“- und Public-Relations-Agenturen ist die Lektüre hilfreich, da es die Beziehungen zwischen strategischen Zielen, deren (bisher eher) kläglichen Umsetzung und Optimierungserfordernisse aufzeigt. In Teilen sind die Ergebnisse auch auf andere unternehmensinterne Medien übertragbar (z.B. Intranet, E-Mail-Newsletter). Insgesamt überzeugt die Arbeit durch einen klaren und leserfreundlichen Aufbau seiner Ansätze, Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit der bestehenden Literatur, sowie durch eine eingehende und nachvollziehbare Vorgehensweise bei der Studiendurchführung, -auswertung und Ergebnisdarstellung. Obgleich der breiten und gut aufbereiteten Darstellung der repräsentativen Ergebnisse, werden konkrete, praktisch orientierte Handlungsempfehlungen vergleichsweise kurz abgehandelt. Dies scheint aber durchaus beab-sichtigt: Den Rückschluss für die Optimierung der "eigenen Arbeit“, z.B. der einzelnen Mitarbeiterpublikation, muss der Leser folglich selbst ableiten bzw. vor dem Hintergrund der allgemeinen Erkenntnisse die individuelle Mitarbeiterzeitschrift im Rahmen eigener, spezifischer Unternehmensgegebenheiten und -zielsetzungen beleuchten.

Buchtitel: MitarbeiterzeitschriftenChristian Cauers: Mitarbeiterzeitschriften heute. Flaschenpost oder strategisches Medium?; VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden; 2005; 204 Seiten; Preis: 19,90 Euro; ISBN: 3-531-14445-6.

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