Branche Bundeskartellamt rügt Auftragsvergabe für Regierungs-PR

Die Berliner Werbe-PR-Agentur Pergamon, die für die Bundesregierung und die Kanzlerin arbeitet, ist nach Auffassung des Bundeskartellamtes für diesen Auftrag nicht geeignet. Wie eine Sprecherin der Bonner Behörde dem Deutschlandfunk bestätigte, wurde ein entsprechender Schiedsspruch gefällt, der in Kürze veröffentlicht werden soll. Dem Bundespresseamt werden darin mehrere Fehler im Vergabeverfahren vorgeworfen. Die Wettbewerbshüter kommen zu dem Schluss, dass Pergamon, eine Tochterfirma der Werbeagentur Scholz & Friends, aus dem Verfahren hätte ausgeschlossen werden müssen. Allerdings gelte dies auch für die drei Mitbewerber, die sich beim Kartellamt beschwert hatten, weshalb deren Klagen schließlich abgewiesen wurden.

Die GPRA Gesellschaft Public Relations Agenturen, Frankfurt am Main hat zu dem Vorgang eine Pressemeldung veröffentlicht, die wir wegen der Bedeutung der Sache nachfolgend im Wortlaut wiedergeben.

GPRA PRESSEINFORMATION

Pergamon hätte vom BPA nicht zur Ausschreibung zugelassen werden dürfen

Entscheidung der Vergabekammer des Bundeskartellamts liegt vor

Frankfurt, 5. Januar 2007. Seit September letzten Jahres schwelte der Streit um den Zuschlag um den millionenschweren Kommunikationsetat des Bundespresseamtes an die Agentur Pergamon. Jetzt hat das Bundeskartellamt entschieden: die Agentur hätte zur Ausschreibung nicht zugelassen werden dürfen. In der Begründung vom 2. Januar heißt es u.a., dass die Agentur Pergamon selbst zum Zeitpunkt der Bewerbung keine eigenen Mitarbeiter hatte und nicht nachweisen konnte, auf die Ressourcen der Scholz + Friends Gruppe zugreifen zu können. Zudem hatte die Agentur mehr als die zugelassene Anzahl von drei Mustern beigefügt, was, so das Kartellamt, zwar bei der Prüfung durch das BPA entdeckt wurde, nicht aber zum Ausschluss führte.

Angestrengt hatten das Nachprüfungsverfahren die Agenturen Saatchi & Saatchi, Publicis und Johanssen + Kretschmer. Wenn auch deren Beschwerden aus formalen Gründen zurückgewiesen wurden, so werten die Agenturen den Gang vor die Vergabekammer dennoch als Erfolg. Immerhin stellt die Vergabekammer fest, dass das Bundespresseamt die eigenen formalen Kriterien missachtet hat und erkennt Mängel im Bewertungsverfahren.

So hatten sich im Laufe des Verfahrens aus Sicht der Vergabekammer einige Ungereimtheiten ergeben, die jedoch nicht ausreichten, um die gesamte Ausschreibung zu wiederholen, was Voraussetzung für den Erfolg der beschwerdeführenden Agenturen gewesen wäre. Insbesondere die Tatsache, dass ein kurz zuvor intern im BPA entwickelter Claim in ähnlicher Form von Pergamon präsentiert wurde, hätte aus Sicht der Kammer durch die Bewertungskommission problematisiert werden müssen.

Auch das Fehlen objektiver Bewertungskriterien wurde durch die Kammer kritisiert. Eine unabhängige Bewertung durch die einzelnen Mitglieder der Jury sei dadurch nicht gegeben gewesen. Im Gegenteil: es sei anzunehmen, dass „Einschätzungen im Rahmen der Nachbesprechung in eine bestimmte Richtung gelenkt wurden“, heißt es in der Entscheidung. So sei auch die Bewertung von Pergamon nach Ansicht der Kammer nicht frei von Widersprüchen, allerdings konnte eine systematische Bevorzugung nicht nachgewiesen werden.

Bestätigt sahen sich die betroffenen Agenturen auch dadurch, dass das Agieren des Bundespresseamtes im Laufe des Verfahrens von der Vergabekammer eindeutig zurückgewiesen wurde. Das BPA hatte wiederholt mit Strafanzeigen gegen die Beschwerdeführer gedroht, angeblich, weil diese offenbar über interne Informationen verfügten. Die Vergabekammer stellte hierzu eindeutig fest, dass diese nur ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen seien.

Für die beschwerdeführenden Agenturen ist dieses Verfahren, insbesondere die Tatsache, dass alle Beschwerden aus formalen Gründen von der Vergabekammer nicht zugelassen werden konnten, allerdings auch Ausdruck eines überaus bürokratischen Ausschreibungsverfahrens des BPA, das das ohnehin überformalisierte Vergaberecht noch zusätzlich verkompliziert hat. Für GPRA-Präsident Dieter Schulze van Loon steht fest: „Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Transparenz. Wir müssen uns bei der Neuordnung des Vergaberechts darauf besinnen, nicht die Zugangshürden unnötig zu verkomplizieren, sondern unser Augenmerk vielmehr auf die Qualität und Vergleichbarkeit der Angebote zu legen. Beides scheint im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Kartellamts hält die GPRA eine Beauftragung von Pergamon für nicht tragbar“.

Weitere Informationen:

Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) e. V., Wöhlerstraße 3-5, 60323 Frankfurt am Main
T. 0 69-71 04 23-2 60, F. 0 69-71 04 23-2 00, info@gpra.dehttp://www.gpra.de.

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