Medien Pressefreiheit stärken: Deutscher Presserat fordert Pressefreiheitsgesetz

"Es ist dringend notwendig, dass das „Cicero-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts Konsequenzen hat und von der Politik in eine klare Gesetzgebung umgesetzt wird." Mit einem offensiven Plädoyer zur „Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland“ forderte Sprecher Bernd Hilder auf der Jahrespressekonferenz des Deutschen Presserats in Berlin die Politik auf, ihre ins Stocken geratenen Beratungen zu einem Pressefreiheitsgesetz fortzusetzen. Wie wichtig ein solches Gesetz ist, zeigt nach Meinung des Presserats der Vorschlag des Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Siegfried Kauder (CDU), der nach der Datenpanne bei der Enthüllungsplattform Wikileaks, schärfere Geheimhaltungsvorschriften für die Presse gefordert hat. Der Presserat hält solche Vorschläge für „falsch und populistisch“. Sie würden den kritischen Journalismus in Deutschland schwer belasten.

Die Diskussion um ein Pressefreiheitsgesetz, welches die Schwellen für Eingriffe in den Quellen- und Informantenschutz höher legt, war nach dem sogenannten „Cicero“-Urteil im Jahr 2007 entstanden. Darin hatte das Bundesverfassungsgericht die Redaktionsdurchsuchungen beim Politik-Magazin „Cicero“ für grundgesetzwidrig erklärt. "Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person eines Informanten zu ermitteln", so Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier damals. Seit 2010 liegen im Bundestag zwei Vorschläge der Bundesregierung und der Grünen-Faktion zur Diskussion vor. Insbesondere der Gesetzesentwurf der Grünen sieht vor, dass Journalisten in Ermittlungsverfahren anderen Berufsgeheimnisträgern wie Geistlichen, Rechtsanwälten und Abgeordneten gleichgestellt werden.

Amokläufe und Unglücksfälle: Opferschutz hat Vorrang
Einen weiteren Themenschwerpunkt der Jahrespressekonferenz bildete die Berichterstattung der Medien über Amokläufe und Unglücksfälle der jüngsten Vergangenheit wie Norwegen, Winnenden oder Loveparade. Besonders die Veröffentlichung von sogenannten Opfergalerien wie jüngst beim Amoklauf auf der norwegischen Fjordinsel Utøya, in denen eine Vielzahl von Opfern mit Bild und vollem Namen dargestellt wurden, seien presseethisch nicht vertretbar, da sie mit den Persönlichkeitsrechten der Opfer kollidieren.

Dass die Leser bei diesem Thema bereits stark sensibilisiert sind, zeigen die rund 200 Beschwerden, die beim Presserat allein zur Berichterstattung über die Loveparade eingegangen sind. Solche Massenbeschwerden sind in diesem Jahr nicht zu verzeichnen. So gab es beim Amoklauf in Norwegen lediglich 16 Eingaben. Das Thema hat aufgrund der regionalen Nähe bei den Mediennutzern nicht den „hohen Stellenwert“, so Ella Wassink vom Deutschen Presserat. Dabei beeinflusst die unterschiedliche Tradition der Berichterstattung und der kulturelle Hintergrund den jeweiligen Umgang mit Medienformaten. Opfergalerien in Norwegen oder angelsächsischen Ländern sind für die dortigen Leser kein Problem. Norwegische Kollegen berichten, dass es für die Angehörigen hingegen viel schwerer auszuhalten ist, immer wieder das Bild des Amokschützen in den Medien zu sehen und damit konfrontiert zu sein.

Oliver Jorzik, PR-Berater, Journalist, Dozent, ADD PR Berlin für PR-Journal.de


Der Sprecher des Presserats, Bernd Hilder und Geschäftsführer Lutz Tillmanns, informierten auf der Jahrespressekonferenz des Deutschen Presserats am 17. Oktober in Berlin u.a. über folgende Themen:
- Pressefreiheitsgesetz
- Beschwerdearbeit im Fokus: Zahlen und Trends 2010/2011
- Opferschutz
- 14. Europäisches Presseratstreffen in Moskau
Pressefreiheitsgesetz immer noch in weiter Ferne
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